Vorwort K. Dede

Liebe Freunde und getreuen Nachbarn

Auf den nachfolgenden Seiten geht es mir um den Dialog mit Christen. Ich weiß natürlich, daß das schwierig, ja, sehr oft unmöglich ist, denn die beruflichen Vertreter dieser Ideologie sind in ihrem Selbstlob völlig ungehemmt und vor allem: sie glauben auch daran, zumal sie es so gut wie nie erleben, daß sie Kritik erfahren. Gewiß: Viele mögen dies oder jenes nicht an dieser oder jener Organisation – darüber reden auch Berufschristen viel und gerne, aber wenn da jemand kommt und sagt, daß die christliche Religion als solche, egal in welcher Ausprägung, für den Einzelnen schädlich und die Gesellschaft gefährlich ist, und wenn sich dann noch herausstellt, daß der Kritiker sich als Atheist bekennt, also keinerlei Bereitschaft zeigt, sich den christlichen Normen und vor allem der Herrschaft der Pastoren zu unterwerfen, dann reagieren sie hilflos – und nehmen übel, verweigern also den Dialog. Und damit haben sie durchaus Erfolg, denn in Deutschland gilt ja ein Mensch, der überhaupt kein Dogma akzeptiert, entweder als Nazi oder als Kommunist, und ist damit aus dem öffentlichen Diskurs ausgeschlossen. Ich möchte mit diesem Buch dazu beitragen, daß diese Blockade durchbrochen wird. Das sollte auch im Interesse der Christen, zumindest der evangelischen Landeskirchen sein, denn sie sind faktisch nur noch Apparate, die Einkünfte und Vermögen verwalten, aber keine Inhalte mehr vertreten, die irgendjemanden interessieren – oder wer kümmert sich darum, was beispielsweise der Bischof von Oldenburg – wie heißt der noch? – zu sagen hat?


Klaus Dede: Streit-barer Journalist, Publi-zist und Humanist - für die einen unbequem und andere mögen ihn.

Wer noch an christliche Dogmen glaubt, wendet sich einer der zahlreichen Sekte zu, die auch in Oldenburg tätig sind und die allesamt mehr oder minder nach amerikanischem Vorbild faschistische Strukturen aufweisen, also einen Prediger als Seelenführer zum ewige Heil haben, der seinen Leuten schon sagt, was richtig und vor allen was falsch ist, während Gemeindeschäflein hören, glauben und vor allem zahlen – Fragen sind mit Einschränkungen erlaubt, Zweifel nicht, und wer anderer Meinung ist, bleibt besser draußen.

Auf der anderen Seite steht die katholische Kirche, die zwar zur Zeit fest in der Hand des Opus Dei ist, dessen Gründer bekanntlich ein treuer Gefolgsmann des spanischen Diktators Franco war, dennoch aber auf eine lange scholastische und damit dialektische Denktradition zurückblicken kann, die sich unter dem Druck der gesellschaftlichen Verhältnisse durchsetzen wird. Hier vermute ich also, genauer gesagt: in den Kreisen der Jesuiten, am ehesten die Kräfte, die zu einem Dialog mit denjenigen bereit sind, die von einer atheistischen, aber humanistischen Position ausgehen. Das würde aber voraussetzen, daß diejenigen, die, wie ich das hier tue, die christliche Religion als solche ablehnen, ihre Position genau definieren. Es reicht nicht aus, etwa die katholische Kirche zu kritisieren, indem man die Verbrechen, die ihre Vertreter begangen haben oder zu denen sie motivierte, auflistet, denn auf der anderen Seite stehen die immensen Leistungen dieser Organisation, die uns allen zugute kommen und die man durchaus anerkennen kann und auch sollte (was auf den folgenden Seiten auch geschieht), vielmehr kommt es darauf an, das genau zu formulieren, was die Atheisten und, in diesem Falle, die Christen voneinander trennt – und was sie verbinden könnte. Das Thema der Kontroverse muß also benannt werden. Ich sehe das so: Daß kein Gott sei, sagt uns schon Jean Paul, aber, so wurde ich gefragt, wo ist der Beweis? Ich habe keinen – und ebenso haben diejenigen, die an einen Gott glauben, keinen solchen, denn sonst würden sie nicht glauben, sondern wissen.

Also lassen wir doch den Punkt auf sich beruhen. Wer an Gott glaubt, möge das tun – nur soll er mich in Ruhe lassen, so wie ich ihn nicht in seinen frommen Betrachtungen störe. Aber wir können uns gemeinsam ans Werk machen, die Aufgaben zu lösen, die sich vor unseren Haustüren stellen. Das geht natürlich nicht, wenn wir nicht miteinander reden und noch viel weniger, wenn wir aufeinander einprügeln.
Also kommt es darauf an, einen gesellschaftlichen Zustand herzustellen, in dem jeder den anderen so respektiert, wie er ist. Das aber setzt voraus, daß da kein Priester, kein Pastor, kein Mullah, kein Rabbi, kein Partei-Funktionär und wer immer noch auftaucht, seine persönliche Meinung zum allgemeinen unfehlbaren Gesetz erhebt, dem sich alle zu unterwerfen haben, was natürlich die jeweiligen geistlichen Führer kontrollieren, die dann auch befugt sind, Übertretungen zu bestrafen, bzw. bestrafen zu lassen. Kurzum: Meine Polemik richtet sich nicht gegen subjektive religiöse Überzeugungen, so lange sie subjektiv bleiben, wohl aber gegen irgendwelche Dogmen, die dann zur Grundlage totalitärer Gesellschaftssysteme werden können und oft genug auch werden. Solche Gefahren abzuwehren, egal von welcher Seite sie kommen, sollte unser gemeinsames Interesse sein – und dazu lade ich alle ein.

Noch ein Wort zu der Form des Buches. Den Anstoß dazu gab Ekkehard Plate (dem ich das Buch auch gewidmet habe), mit dem ich vor langen Jahren Schach gespielt habe. Dieser damalige Student war seinerzeit Vorsitzender des Vereins Na und in Oldenburg, in dem sich Lesben und Schwule organisiert haben. Es liegt auf der Hand, daß wir uns bei unseren Treffen auch über die Arbeit seines Clubs unterhalten haben und daß dann auch von der Homosexualität im Allgemeinen die Rede war, wobei es nicht immer sehr ernsthaft zuging. Und bei einer solchen Flachserei sagte ich irgendwann einmal: „Weißt Du eigentlich, daß Jesus schwul war?“ Oh, den Gedanken fand er interessant und so vereinbarten wir, daß ich einen Vortrag über das Thema halten sollte: Jesus war schwul. Der Ausgangspunkt meiner Überlegungen war also ein Ulk und mir wurde erst sehr viel später klar, und zwar durch die aggressiven Reaktionen der Christen, daß ich hier einen sehr wunden Punkt berührt hatte. Das veranlaßte mich, das Thema in den folgenden Jahren weiter zu bearbeiten. In diesem Buchr faßte ich nun drei kurze Arbeiten zusammen, in denen ich meine Position darlege:


Am Anfang steht ein kurzer Text, den ich einmal für einen Kreis der evangelischen Ansgari-Gemeinde in Oldenburg geschrieben habe, der sich für meine Ansichten interessierte. Mit ihm stelle ich mich sozusagen meinen Lesern vor.
Dann folgt die erweiterte Fassung des Vortrages, den ich mit Ekkehard Plate vereinbart hatte und den ich dann auch im Jahre 1990 in der Kulturetage in Oldenburg gehalten habe.
Später fiel mir noch ein Heft in die Hände, in dem die evangelische Position zu dem Thema sehr schön dargestellt wird, das ich dann kommentiert habe und nun in der Hoffnung anfüge, daß die drei Teile ein Ganzes bilden und die Wiederholungen nicht allzu arg sind.

Ich kombiniere also drei Texte die zu ganz unterschiedlichen Zeiten entstanden sind und mit denen ich auch unterschiedliche Ziele verfolgte. Daraus ergibt sich, daß sich Einiges wiederholt, vor allem die Geschichte von Alkibiades.Ich möchte das aber so stehen lassen und bitte deshalb um freundliche Nachsicht.

Noch ein letztes Wort: Viele, durchaus wohlmeinende Zeitgenossen haben auf mich eingeredet, daß ich den Titel mit einem Fragezeichen versehen möchte – so klinge die Behauptung allzu apodiktisch und überhaupt: wer könne denn nach so langer Zeit noch wissen, ob Jesus schwul gewesen sei oder nicht? Der Schutter Verlag war dann aber letztlich der Meinung, daß er sich mit dem jetzigen Titel Jesus - schwul? identifizieren kann und meinen Standpunkt dadurch ja nicht unbedingt umkehrt oder in Zweifel zieht.
Zum Titel möchte ich noch folgendes sagen: Natürlich verkünde ich hier keine ewigen Wahrheiten, die unumstößlich sind, vielmehr sage ich meine Meinung, und die ist eben, daß Jesus schwul war. Warum aber sollte ich bezweifeln, was für mich nicht zweifelhaft ist?

Die Popen der orthodoxen Kirche verkünden auch an jedem Osterfest: Christus ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden. Sie fragen nicht: Ist Christus vielleicht auferstanden? Nein, sie stellen in einem klaren Indikativ-Satz eine Behauptung auf, von der sie meinen, daß sie wahr sei. Das tue ich auch, und im Gegensatz zu den orthodoxen Popen begründe ich meine These mit denselben Methoden, welche die Theologen einsetzen, wenn sie ihre Texte interpretieren. Die Frage, die sinnvollerweise zu stellen wäre, müßte also lauten: Ist dem Autor der Beweis in diesem Diskurs gelungen? Da sich aber die Berufschristen bislang geweigert haben, darauf eine Antwort zu geben, bleibe ich bei meiner Behauptung: Jesus war schwul!

Meine werte Leserschaft möchte ich aber bitten, das, was ich hier vortrage als eine Äußerung zu betrachten, die lediglich dazu anregen soll, daß sich jeder seine Meinung bilden möge. Ich bin mir ganz sicher, daß es unter den vielen Milliarden Menschen, die diese Welt bevölkern, keinen, ich wiederhole: keinen, gibt, der in allen Stücken mit mir übereinstimmt – und das ist gut so, denn nur so entsteht ein Diskurs, der uns allen nützt.

Klaus Dede - Oldenburg, Mai 2006


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