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Vorwort J. Zehnle
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W I E C H R I S T L I C H S I N D D I E K I R C H E N ?
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In der Vorbereitungsphase zum vorliegenden Buch Jesus - schwul?fragte mich ein guter Freund, ob die Frage überhaupt einen Sinn mache. Ich antwortete ihm: Natürlich macht sie - wie auch jede andere Frage, egal zu welchem Thema - einen Sinn. Ich muß zugeben, daß der Buchtitel etwas provokativ sein mag (die Kirche würde meinen Autor und mich auf dem Scheiterhaufen verbrennen, wenn sie das könnte), aber man sollte nicht vergessen, daß die Christen es sind, und hier meine ich jene, die nicht nur sonntags das Wort Gottes von der Kanzel herunter verkünden, die die Menschen provozieren, Intoleranz predigen und jegliche Diskussion mit aller Macht - und das auch noch erfolgreich - zu verhindern versuchen. Doch kommen wir auf die Eingangsfrage meines Freundes zurück. Ich antwortete ihm weiter, daß es einfach zu viele Hinweise in den christlichen Publikationen gibt und daß Jesus es hätte sein können, oder man es so deuten könne. Ob er nun schwul, hetero- oder wie auch immer sexuell orientiert war, ist letztlich nicht ausschlaggebend, denn dem Autor und nicht zuletzt dem Verlag geht es in erster Linie darum, ein Tabuthema an die Öffentlichkeit zu bringen, nämlich die selbstbestimmte Sexualität jedes einzelnen Menschen, die man seit Jahrhunderten, durch alle Religionen hindurch, bis einschließlich heute, massiv und mit menschenunwürdigen psychischen Methoden unterdrückt.
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Der gute Hirte benutzt die neuesten technischen Errungenschaften wie Computer, Handys und Satellitenschüsseln um das Wort Gottes zu verkünden, aber die blöden Schafe, die das alles willenlos bezahlen (müssen), sollen schön brav blöken, keinen Sex vor der Ehe, keinen Sex während der Ehe (wenn er nicht der Kinderzeugung dient), keinen Sex unter-, auf- und nebeneinander haben, sollen keine Lust auf den Körper des Partners verspüren, da dieser Gedanke sündhaft ist... sie sollen handeln wie im tiefsten und finstersten Mittelalter. Da frage ich mich doch ernstlich: Ist da nicht irgendwo ein gravierender Fehler im System, der alles früher oder später zum Absturz bringt? Siehe ehemalige Ostzone! - Klaus Dede möchte aber groß Toleranz, Akzeptanz und Ideenvielfalt in die Bücher der Kirche schreiben. Er möchte erreichen, daß sich junge Leute auf ihre Sexualität freuen, aber auch wissen, daß nur das erlaubt ist (und auch Spaß machen kann), was im gegenseitigen Einvernehmen geschieht und daß es in erster Linie genauso wichtig ist - wie beispielsweise im Straßenverkehr - gewisse Regeln einzuhalten, um Risiken (aller Art) auszuschließen.
Die Bibel ist nicht etwa zitatenlos (was die Dogmatiker gern verschweigen wollen), wenn es um die gleichgeschlechtliche Liebe zwischen Männer oder zwischen Frauen geht. Auch nennt die Bibel an sehr vielen Stellen andere Menschen, die von den Nachfolgern Jesu verachtet (Eunuchen und Verschnittene), verfolgt (Huren und Geächtete) und verbrannt (Hexen und Andersgläubige) wurden. Die folgende Liste ist nur ein kleiner Auszug einiger der bekannten Beispiele.
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So wie Hitler es 1933 schaffte, Millionen Deutsche zu hypnotisieren, sie willenlos und hörig zu machen und letztlich in seinen Bann zu ziehen, so sind es (und das seit über zweitausend Jahren) die jeweiligen Kirchenfürsten, die die Christen unterdrücken, ihnen die Selbstbestimmung über sich und ihren Körper nehmen und sie somit zu Knechten der Kirche machen. Treffender als es Klaus Dede in seinem nun vorliegendem Buch tat, kann man es wohl kaum formulieren: Der gute Hirte und die blöden Schafe!
Der Autor stellt uns hier eine Frage Jesus - schwul?, die er nicht einfach als Hypothese stehen läßt, denn er antwortet darauf, indem er das Thema populärwissenschaftlich aufarbeitet, mit Bibelstellen und anderen religiösen Quellen fundiert belegt und schließlich durch vernünftiges, logisches und tolerantes Denken in Worte faßt, die den normalsterblichen Christen die Augen öffnen sollen. Wie haltbar sein Standpunkt ist, mag jeder für sich selbst entscheiden. Wichtig ist ihm, daß die Christen diesen Gedanken aushalten, denn daran zeigt sich, ob sie Menschen zum Beipiel im Bezug auf deren andere sexuelle Orientierung ernst nehmen und letztlich auch als gleichwertig akzeptieren. Er will als Mensch ebenso respektiert werden, wie er jeden Anderen anerkennt - das ist alles, was er verlangt und da verlangt er auf keinen Fall zuviel, denn wir alle denken letztlich so und erwarten es im wahren Leben ebenfalls. Klaus Dede geht aber noch einen Schritt weiter; und das nicht zu Unrecht, denn er meint, wer ihm als Gläubiger seine These übelnimmt, lehnt die selbstbestimmte Sexualität ab. Damit steht dieser Christ zwar im Einklang mit seiner religiösen Tradition, doch er pervertiert den Menschen, indem er ihn der Neurose ausliefert, die schlimme Folgen haben kann; zumindest aber zwingt er zur Heuchelei, wie das Jahrhunderte hindurch geschah und bis heute geschieht.
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Bei den Evangelikalen ist man zum Beispiel der Meinung, daß Homosexualität durch Beten, Buße tun, durch sexuelle Enthaltsamkeit und mit Gottes Hilfe heilbar ist. Ein wenig toleranter zeigen sich da schon die Katholiken, die die Homosexualität als Unglück oder Laune der Natur ansehen. weshalb dem Betroffenen vergeben wird, wenn er sie nur nicht praktiziert. Also lebenslang überhaupt keinen Sex mehr haben, na, ich weiß nicht, allein dieser Gedanke macht reif für einen Besuch auf Freuds Couch. Und jetzt erzähle mir mal ein vernünftiger Mensch, daß ein ernsthaft Gläubiger, der nicht heterosexuell ist, hier nicht Gewissensbisse bekommt, sich mit dieser Qual das ganze Leben zur Hölle macht und sich nicht letztlich psychisch zum Krüppel degradiert. Heilung ist von der Kirche nur dann zu erwarten, wenn er seinem Tun abschwört, ein frommes, enthaltsames und dem Körper gegenüber heuchlerisches Leben führt und sich, meist unbewußt, zum menschlichen Wrack entwickelt.
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Im Leviticus im 3. Buch Mose lesen wir: "Du sollst nicht bei einem Manne liegen wie bei einer Frau." (18. 22 und 20. 13)
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Im Genesis, 1. Buch Mose ist von der Stadt Sodom, in der von einer versuchten Vergewaltigung unter Männern, die Gäste des Lot waren, die Rede (19. 4-13).
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Eine Passage aus dem Römer heißt da wie folgt: "…verließen die Männer den natürlichen Verkehr mit der Frau..." (1. 18-27).
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Und im 1. Korinther ist von "Knabenschänder" und "Lustknaben" die Rede (6. 9-10).
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Ganz bekannt ist auch die Liebe zwischen David und Jonathan, von der im 2. Buch Samuel berichtet wird: "Es ist mir leid um dich, mein Bruder Jonathan, ich habe große Freude und Wonne an dir gehabt; deine Liebe ist mir wundersamer gewesen, als Frauenliebe ist." (1. 26)
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Aber auch die Liebe zwischen den Frauen Ruth und Naemi ist dokumentiert: "Wo du hingehst, da will auch ich hingehen." Die Treue und gegenseitige Zuneigung der Frauen untereinander findet hier besonders Erwähnung. (Ruth 1. 16-17) - Diesen Spruch benutzen übrigens heute einige Lesben als Trauspruch wenn sie sich verpartnern... ach, wie romantisch.
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Es gab, wie sollte es anders sein, natürlich auch damals weitere Verfolgte. Von der Kirche wurden sie als die sexuelle Minderheit der Bibel bezeichnet und hier möchte ich ein weiteres Zitat aus dem 5. Buch Mose beifügen, daß die Intoleranz der Kirche untermauert: "Kein Entmannter oder Verschnittener soll in die Gemeinde des Herrn kommen.” (23. 2)
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Die Liste könnte endlos fortgeführt werden, was im Buch auch teilweise geschieht, denn nicht nur die Bibeln der europäischen Glaubenshäuser sind mit diesen menschenverachtenden Textpassagen ausgestattet, sondern auch in den Büchern anderer Kirchen, Religionen und Sekten, die sich anmaßen, mit dem Wort Gottes und im Namen der Nächstenliebe die Gutgläubigen in die Irre führen zu können, findet man sie. Und das alles nur der Macht und des schnöden Mammons wegen.
Jesus hingegen war einfühlsam, tolerant, hörte aufmerksam zu und sprach mit vielen Menschen, egal ob es ein Feind, eine Hure, ein Andersdenkender, ein Homosexueller oder ein anderer Sünder war. Er war stets an der Seite der Armen, Schwachen und Verfolgten und half, wo er nur konnte und so verwundert es nicht, daß der Mythos vom lieben Jesus bis heute anhält. Da liegt es doch auf der Hand, daß Jesus auch das Thema Homosexualität nicht fremd war und er ihr positiv gegenübertrat. Er lebte an der unmittelbaren Grenze zu Griechenland und mußte somit auch dessen sehr sexuell orientierte und freizügige Welt gekannt haben.
Der Autor schreibt: “Bereits Luther übersetzt zum Beispiel die Stelle, wonach ein Jünger im Schoße Jesu lag, falsch, also muß er von der These, daß er anders war, gewußt haben. Im übrigen ist das wohl so, daß man das immer gedacht, aber nie gesagt hat. So etwas führte zu einer Zeit, als die Christen noch die Regeln bestimmten, ganz sicher zum Tod, heute kann immer noch die soziale Ächtung die Folge sein,” zumindest in christlicher Umgebung. Dazu muß man nichts mehr sagen sondern nur noch fragen: Wie viele verfälschte Stellen gibt es denn noch in der Bibel?Zu Jesus gäbe es noch viel zu sagen.
Klaus Dede, der seinen ersten Aufsatz Jesus war schwul um 1990 als Broschüre herausgab, hat sein Werk neu überarbeitet, ergänzt und in der aktuellsten erweiterten Neufassung niedergeschrieben, im Schutter Verlag publiziert und beabsichtigt nun eine Diskussion, so auch im Internet, anzuregen, www.jesus-schwul.de, die die Christen dazu bewegen soll, einmal über Gott und die Welt nachzudenken. Er und der Schutter Verlag wollen dazu beitragen, daß man in der heutigen zivilisierten, aufgeklärten und demokratischen Welt auch das Thema Kirche und Sexualität (egal welcher Orientierung) enttabuisiert und damit zum Wohle des Menschen beiträgt. Nur so lassen sich auch wieder Menschen, zumindest die, die das wollen, zu einem ehrlichen christlichen Glauben führen, den Jesus verkündete, der bei ihm von Herzen und vielleicht auch von Gott kam.
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"Die Wahrheit wird euch freimachen.” (Joh. 8. 32)
Jürgen Zehnle - Lahr, Juli 2006
P o s t s c r i p t u m : Von jedem Buch gehen ganz sicher 175 Cent an AIDS-Hilfe-Projekte in Deutschland und an Kinder mit AIDS in Südafrika. In Südafrika arbeitet ein Freund des Hauses direkt und unmittelbar vor Ort und wir können uns so sicher sein, daß das Geld auch für die Kinderaidshilfe verwandt und nicht für Verwaltungaufgaben ausgegeben werden wird. Der Schutter Verlag bedankt sich ganz herzlich bei allen im Anschluß des Buches genannten Firmen und Personen, die die AIDS-Hilfe-Projekte des Verlages tatkräftig mit Ihren Mitteln und Möglichkeiten unterstützen.
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